Wieso und welche Marken zieht es in welche Outlets?

April 8, 2019

Diverse Outlet Center haben sich mittlerweile auch in Deutschland zu einer sehr bekannten Vertriebsform etabliert.

Deutschland ist, aufgrund einer bislang - im europäischen Vergleich - äußerst restriktiven Genehmigungspraxis, mit Designer-Outlets und Factory-Outlets noch sehr schwach ausgestattet. Es bestehen aber wenig Zweifel, dass sich dies zumindest in der mittelfristigen Perspektive ändern wird. Derzeit sind insgesamt 13 Outlets in Deutschland vertreten, die eine Verkaufsfläche von mehr als 5.000 m2 besitzen. Im Vergleich dazu sind in UK ca. 36 Outlets, in Italien über 24 Outlets vorhanden.

Die Mietflächen der Outlets in Deutschland sind zu fast 100% belegt. Trotzdem besteht auch weiterhin ein großes Interesse. Somit liegt es auf der Hand, dass das Immobilien-Produkt „Outlet" in Deutschland eine sehr hohe Nachfrage bei potentiellen Investoren und Projektentwicklern genießt.

Folglich werden sich neben den klassischen Designer-Outlets weitere Formen des Outlets entfalten und sich weiterentwickeln.

Gemäß der Definition von ecostra1 heißt es u.a., dass ein Outlet mindestens eine Fläche von 5.000 m2 haben muss. Außerdem muss es gegeben sein, dass Markenhersteller Auslaufmodelle, 2. Wahl Produkte, Überschussproduktion etc. hier verkaufen möchten.

Das Charakteristische eines Outlets ist somit u.a., dass diverse Markenhersteller dort ihre Waren günstiger als im stationären Handel verkaufen und deren Rabatt mindestens 30% und mehr beträgt. Je bekannter eine Marke ist, desto stärker wirkt die Strahlkraft bei diversen Kunden, die dann teilweise mehr als 2 Stunden Fahrzeit in Kauf nehmen, was sich natürlich wieder auf die Beliebtheit eines Outlet Centers auswirkt.

Aber was ist eigentlich eine Marke und warum sind Marken so wichtig für ein Outlet?

Jede Marke zeichnet etwas Besonderes aus und hat eine Erfolgsgeschichte, die sich über Jahre und Jahrzehnte i.d.R. durch viel Marketing und Kosten aufgebaut hat.

Beispiele wie, Rolex - zeitlose Luxusuhren, Gucci - Italienische luxus Modemarke, Porsche - Fahren in seiner schönsten Form, Google - Inbegriff für Suchmaschinen, McDonald, Coca Cola, Nike, usw., sind alles internationale und äußert bekannte Marken, die das Ergebnis einer Leistung sind2

Durch Handlungen wird eine Marke geboren, nicht durch Werbung oder Design. Sie entsteht, wenn die Mehrheit sich eine positive Meinung gebildet hat. Diese Beurteilung schenkt dem Kunden wiederum das Vertrauen, sein Geld gut angelegt zu haben.

Eine Marke hat auch etwas mit Emotionen zu tun - man fühlt sich wohl! Standards werden gesetzt und beeinflussen unser Leben, sie werden quasi zum Ur-Meter. Man denke nur an die Marken wie Tipp Ex, Tesa Film, Leitz-Ordner oder Fischer Dübel, bei denen es schwerfällt, die eigentliche Definition zu benennen.

Marken haben somit einen sehr hohen Wiedererkennungswert, deren Verbundenheit man manchmal auch ein Leben lang treu bleibt. Eine starke Marke profitiert von ihrem guten Ruf und bildet somit einen Vertrauensvorschuss gegenüber dem Verbraucher.

Somit ist das besondere einer Marke die Wiedererkennung, die Verbundenheit und die positive Erfahrung.

Viele Kunden haben eine Affinität zu bestimmten Marken, welche sich umso stärker ausprägt, je begehrter diese Marke ist.

Der Leser wird sich nun an dieser Stelle fragen, was dies mit der Entwicklung von Outlets zu tun hat?

Auch hierzu ein Bespiel; Würde ein Store in einem Outlet weiße Polo-Shirts verkaufen, wäre der Nutzwert im Vergleich zu einem anderen Store, der blaue Polo-Shirts verkauft, der Gleiche.

Sobald aber an dem weißen Polo-Shirt ein kleines Krokodil als Logo angebracht ist, verwandelt sich das Shirt zu der Marke Lacoste, welches für sportliche Eleganz steht. Nun sind soziale Energien, Emotionen und eine gute Erinnerung vorhanden. Man selber möchte an der Markenenergie teilhaben. Wir denken hier z.B. an die Marke Ferrari und den vielen Fans, die bei dem Sieg eines Formel 1 Rennen feiern und überglücklich sind!

Outlet Entwickler und Betreiber sind sehr daran interessiert, Marken mit hohem Bekanntheitsgrad zu gewinnen, da die hohe Strahlkraft im Einzugsgebiet zu höheren Frequenzen, zu einer höheren Beliebtheit und somit zu mehr Umsatz für das Center führt.

Jeder Besucher beschäftigt sich i.d.R. viel mehr mit den Marken in einem Outlet, da die Marke selber dort im Mittelpunkt stehen, welche man mindestens auch noch 30% günstiger bekommt.

Natürlich kann jede Marke mittlerweile auch bequem und vielleicht sogar noch günstiger im Internet bezogen werden. Aber der Mensch ist ein Individuum, für den die drei Bereiche Arbeiten, Wohnen und das soziales Umfeld von großer Bedeutung sind. Sich mit Freunden treffen oder gemeinsam einkaufen gehen können ein Erlebnis sein, auf die der eine oder andere großen Wert legt.

Daher sind die attraktiven Outlet Center gegenüber dem Online Shopping weitestgehend immun, da die modernen Outlets Shopping-Destinations mit Erlebnischarakter sind und damit ein soziales Einkaufserlebnis bieten.

Die erfolgreichen Outlets haben sich dementsprechend auch so positioniert und sich ganz klar vom klassischen Fabrikverkauf abgegrenzt. Aus FOC's sind Designer-Outlets, Fashion-Outlets und Fashion­Villages geworden, deren Standort sich am liebsten an touristischen Destinationen orientiert.

Die typische Distributionsstruktur eines modernen Markenartikel-Unternehmens stellt sich in der Regel wie folgt dar3:

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Der Wholesale, der eigene Retail oder der Verkauf der Ware über Lizenzpartner ist sicherlich der wichtigste Absatzkanal, der dann für das Marken-Image und dessen weiteren erfolgreichen Entwicklung von großer Bedeutung ist. Allerdings muss die Altware der Vorsaison, die Überschussware oder auch B-Ware kontrolliert zurückgeführt und anderweitig verkauft werden. Dies muss geschehen, ohne dass die Marke einen Schaden bzgl. deren Image davon trägt.

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Der Verkauf von Waren in Outlets hat für Marken somit den Vorteil, dass die Ware kontrolliert und weiterhin als „Marke" präsentiert und verkauft werden kann. Diese wird in einem Outlet anders wahrgenommen als im stationären Handel. Die Bedeutung der „secured and controlled distribution" nimmt für Markenhersteller besonders in Outlets deutlich zu. Darüber hinaus gibt es für die Marke eine klare Kommunikation bzw. Absprache mit den anderen Vertriebskanälen, da die Einzelhandel Sensitivität eine große Rolle spielt. Schließlich ist nicht jeder Fachhändler darüber erfreut, wenn die Marke in seinem Sortiment in einem Outlet verkauft wird, auch wenn dieses 50 km oder weiter entfernt ist.

Somit hat fast jede Marke die Notwendigkeit, früher oder später in einem Outlet vertreten zu sein, so dass die Kontrolle über einen organisierten und strukturierten Abverkauf von Altware, B-Ware und überhängen gewährleisten werden kann. Hinzu kommt noch der freudige Umstand, dass die meisten Marken in den Outlets, im Gegensatz zum stationären Handel, ein Vielfaches mehr an Umsatz generieren. Die Outlets sind für viele Marken sehr profitabel und bei vielen ein wichtiger Bestandteil der gesamten Vertriebsstruktur. Die Marke muss nur festlegen, welches Outlet bzw. welcher Outlet Typ für sie am geeignetsten ist.

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Outlets und Outlet Typen, die sich neben den Betreibern natürlich in deren Größe, Markenvielzahl und vor allem in deren Markengenre unterscheiden.

Die bedeutendsten Outlets wie z.B. das Designer-Outlet in Roermond, Outletcity Metzingen oder das Ingolstadt Village haben sich über Jahre entwickelt und verfügen über einen sehr ausgeprägten Branchen- und Markenmix. Die sehr hohe Performance der Center ist u.a. auf die Vielzahl von Premium-, Designer- und Luxusmarken zurückzuführen. Die strategische Ausrichtung der Marken wird sehr genau abgestimmt, da die Marke und deren Nachhaltigkeit für das jeweilige Center absolut im Vordergrund steht. Genauer gesagt, je bekannter, je luxuriöser, je begehrter die Marke und je höher das Alleinstellungsmerkmal dieser Marke im Vergleich zu anderen Outlets ist, desto interessanter wird sie für den Outlet-Betreiber.

Der Mieter auf der anderen Seite bevorzugt nur die Outlets, die im Einklang mit dem Image der Marke stehen. Die Architektur, das Einzugsgebiet, die Anzahl von Touristen, die Markenvielfalt und das Genre vergleichbarer Marken stehen hier im Vordergrund gegenüber dem Outlet Betreiber. Denn Premium- und Luxusmarken lieben es wenn ähnliche Marken der Haute Couture sich dazu gesellen, denn so ist man unter sich und muss sich z.B. gegenüber dem Wholesale bzgl. der Einzelhandel Sensitivität nicht rechtfertigen. Hinzu kommt, dass der Kunde eine Marke in einem Outlet ganz anders aufnimmt und assoziiert, so dass die Marke enorm von dessen Emotionen profitiert. Denn im Outlet steht die Marke ganz klar im Vordergrund. Sie ist der „Star" im Outlet, wofür enorm viel Geld in Marketing investiert wird. Man kann auch sagen: ,,Ist eine Marke nicht im Outlet vertreten, dann ist sie auch keine Marke!"

Je stärker eine Marke, desto beliebter ist sie bei den Outlet-Betreibern. Auf der anderen Seite geben die Outlet-Betreiber gegenüber der Marke auch eine sehr hohe Messlatte vor, die zu erfüllen ist. Denn man möchte ja nicht, dass eine Marke die durchschnittliche Umsatzleistung verschlechtert.

Somit kann das Ziel eines Outlets nur darin liegen, kontinuierlich an den Marken zu arbeiten, so dass mit ihrer Beliebtheit die Strahlkraft erhöht wird und damit die Frequenzen und letztendlich der Umsatz nachhaltig gesteigert wird. Sich mit den Marken jederzeit zu beschäftigen, Trends zu erkennen und zu wissen, welche Branchen und welche Marken zukünftig den Markt bestimmen, zeichnet letztendlich die Vermietungsstrategie eines jeden Outlet Centers aus.

Fazit

  • Welche Marke in welches Outlet geht, hängt von der Wertigkeit, dem Image und der jeweiligen Unternehmensstrategie ab.
  • Je bekannter, je luxuriöser und begehrter eine Marke, desto höher auch der Anspruch an das Outlet - aber auch das Interesse der Outlet-Betreiber an der Marke.
  • Luxus- und Designer Marken werden immer ein Interesse haben in die Top lA Outlets zu gehen, da sich hier ihre Marke am besten profilieren kann. Der Anspruch entspricht hier einem hohen Niveau!
  • Outlets können für Marken sehr profitabel sein -Allerdings muss der Spagat, der hier bei der Konfrontation zwischen Retail / Wholesale / Outlets entsteht, gelingen.
  • Eine Marke geht nicht in jedes Outlet - es muss das „Drumherum" passen (Einzugsgebiet, Größe, Vermietungskonzept, u.v.m.).
  • Outlet Betreiber, insbesondere die Top Outlets, haben ebenfalls ein hohes Interesse an Marken mit hohem Bekanntheitsgrad.
  • Outlet Betreiber benötigen von Anfang an bestimmte Schlüssel- und Ankermieter, damit die Frequenzen stimmen und weitere Marken angezogen werden.
  • Wieso und welche Marken es in welche Outlets zieht, hängt von der Marke und vom Outlet selber ab. Die Nachfrage nach Mietflächen in Outlets ist nach wie vor größer als das Angebot. Aber die Marken entscheiden sehr genau, in welche Outlet sie gehen und in welche nicht. Die Marken haben Zeit, lieber einen Store zu wenig als einen Schlechten zu viel!
  • Die Marken werden sich in der Regel immer für die Outlets entscheiden, die ein attraktives Umfeld bieten und die Standortanforderungen erfüllen. Des Weiteren muss der Entwickler und Betreiber das notwendige Vertrauen der Marken gewinnen, welches er durch Erfahrung, Referenzen und Kompetenzen vorweisen kann.
  • Die Vermietungsstrategie ist elementarer Bestandteil bei der Entscheidung einer Marke für oder gegen ein Outlet. Damit steht und fällt jedes Outlet.

Zum Autor Michael Haslinger
Michael Haslinger gründete im Jahr 2013 die HASLINGER RETAIL REAL ESTATE CONSULTING. Die Firma ist ein inhabergeführtes Beratungsunternehmen, welches sich auf die strategische Entwicklung, Vermietung und Management von Outlets und Shopping Center aller Art in Europa konzentriert. Über 14 Projekte werden derzeit von HASLINGER RETAIL REAL ESTATE CONSULTING betreut bzw. mit entwickelt. Durch die langjährige und internationale Erfahrung und hervorragenden Referenzen, zuletzt bei den beiden Marktführen McArthurG/en und ECE, sowie dem europaweiten Netzwerk, kann für jedes Out/et-und Shopping-Center Konzept individuelle Lösungen erarbeitet werden. Dabei ist es stets das Ziel, nachhaltige Strategien zu entwickeln, die im Interesse der Kunden, Mieter und Konsumenten stehen.

1 Outlet Centres in Europe, Market Survey covering all operating and planned Outlet Centres in the European Countries, Juni 2017, Seite 2
2 '. i.F. Oliver Errichiello, Arnd Zschiesche, Markenkraft im Mittelstand, Was Manager von Schwarzenegger und dem Papst lernen können, 2. Auflage, 2008, Seite 16ff.
3 Handels-Monitor Spezial, Vertikalisierung - die Industrie als Händler, 2006

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