Mit Designer-Outlets und Factory-Outlets (FOC) hat sich, ausgehend von den
USA, in den vergangenen 20 Jahren auch in Europa eine mittlerweile bekannte
Vertriebsform des Einzelhandels etabliert. Zwischenzeitlich hat sich in manchen
europäischen Ländern bereits eine solche Dichte von Outlet-Standorten ergeben,
dass durchaus von gesättigten Märkten gesprochen werden kann.
Deutschland ist aufgrund einer bislang im europäischen Vergleich äußert restriktiven Genehmigungspraxis mit Designer-Outlets und Factory-Outlets noch sehr schwach ausgestattet. Es bestehen aber wenig Zweifel, dass sich dies zumindest mittelfristig ändern wird. Derzeit sind insgesamt 13 echte Outlets in Deutschland zu finden, die eine Verkaufsfläche von mehr als 5.000 qm besitzen. Im Vergleich dazu befinden sind in UK ca. 36 und in Italien über 24 Outlets. Zuletzt haben in Montabaur und in Brehna bei Leipzig zwei neue Outlet-Center eröffnet. Mindestens 6 weitere Outlets befinden sich im Bau bzw. im fortgeschrittenen Planungsstadium, und fast alle bestehenden Center möchten in einer weiteren Phase ihren Mieter- und Branchenmix ausbauen.
Zwei Objekte sind in den nahe beieinander liegenden Städten Wuppertal und Remscheid im Bau. In Wuppertal wird das Döppersberg Areal umgebaut, und in Remscheid soll im Stadtteil Lennep ein Designer-Outlet im Village-Stil entstehen. Ursprünglich sollte auch noch in Solingen die bestehende Clemens Galerie in ein innerstädtisches Outlet-Center umgewandelt werden – hier bleibt die weitere Entwicklung vorerst abzuwarten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich nur eines dieser drei Outlets im bergischen Städtedreieck am Markt erfolgreich durchsetzen kann, da ein Mieter in der Regel kein zweites Outlet im Umkreis von weniger als 50 km Luftlinie plant. Alle drei Standorte liegen in einem Radius von unter 14 km zueinander.
Grundsätzlich bietet Deutschland nach wie vor hervorragende Entwicklungsperspektiven für weitere Outlets. Nach Experteneinschätzung ist noch Kapazität für ca. 10-15 Outlet-Center in den nächsten Jahren vorhanden. Um die restriktive Genehmigungspraxis zu umgehen - das Genehmigungsverfahren für Outlets auf der grünen Wiese kann bis zu 15 Jahre in Anspruch nehmen, haben sich neue Outlet-Konzepte wie das City-Outlet in Bad Münstereifel oder diverse Fachmarkt-Outlets beispielsweise in Jettingen-Scheppach sehr positiv entwickelt. Der Vorteil liegt darin, dass das zu realisierende Projekt sich im Kerngebiet/der Innenstadt befindet bzw. im B-Plan/Bauvorbescheid keine einzelhandelsbezogene Nutzungsbeschränkungen vorhanden sind. Dies beschleunigt die Entwicklungszeit deutlich.
Relativ neu zu beobachten ist auch die „Verwertung“ diverser Shopping- und Fachmarkt-Center, da einige auf Grund von zunehmendem Wettbewerb oder anderen
externen Einflüssen am Ende ihres Lebenszyklus angekommen sind. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft der Markt verstärkt mit diesem Phänomen konfrontiert wird, da bei über 580 Shopping-Centern und Center- ähnlichen Immobilien in Deutschland ein verstärkter Verdrängungswettbewerb zu erwarten ist.
Somit können „notleidende“ Innenstädte oder leer stehende Shopping- und Fachmarkt-Center eine Chance für eine Umnutzung darstellen. Dennoch müssen alle Outlet Konzepte sich die Frage stellen, ob sie die notwendigen Standortanforderungen erfüllen können, sodass eine nachhaltige Vermietung und eine erfolgreiche wirtschaftliche Betreibung für den Investor gewährleistet sind. Folgende Kriterien sollten erfüllt sein:
Auch wenn all die Anforderungen erfüllt sind, ist es immer zu empfehlen, dass bei jedem Projekt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wird und dass ein unabhängiger Gutachter eine aussagekräftige Standortanalyse und Einschätzung erstellen kann. Anschließend erfolgt in der Regel noch ein „Tenant Demand Report“, d.h. eine Befragung aller potenziellen Schlüssel- und Ankermieter, die für eine nachhaltige
Vermietung des zukünftigen Outlets notwendig sind.
Mittlerweile vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neues Outlet-Projekt angekündigt wird. Laut Ecostra aus Wiesbaden befinden sich in Deutschland über 21 Outlet-Konzepte im Bau oder im frühen Planungsstadium.
Dass neben den bekannten Entwicklern und Betreibern wie McArthurGlen, Value Retail oder Neinver sich nun auch viele neue Entwickler auf dem deutschsprachigen Markt versuchen zu behaupten, lässt allerdings den Eindruck entstehen, dass die diversen Outlet-Konzepte mehr als Spekulationsziel genutzt werden, bevor überhaupt das betreffende Outlet vermietet ist bzw. erfolgreich eröffnet wurde. Wie dilettantisch an manche Projekte herangegangen wird bzw. wurde, ist ein Zeichen der mangelnden Erfahrung und Kompetenz.
Insbesondere nach dem Start des City Outlets in Bad Münstereifel im Jahr 2014 kam bei über 180 Bürgermeistern Bürgermeistern und zahlreichen neuen Entwicklern die Hoffnung auf, dass man in ihrer Stadt ein ähnliches Konzept entwickeln kann, um damit dem drohenden Leerstand von Einzelhandelsflächen entgegenzuwirken. Das Konzept
„City Outlet“ ist aber eine Nische in der Nische und mit Abstand die Königsdisziplin bei der Entwicklung von Handelsimmobilien, da neben den oben genannten Standortanforderungen noch viele weitere Anforderungen und Abhängigkeiten eine große Rolle spielen. Allein die Frage der Eigentumsverhältnisse, die Frage der Finanzierung oder die Frage der baulichen Anforderungen lassen solche Vorhaben recht schnell wieder scheitern. Hinzu kommt noch die besondere Herausforderung, alle Bürgerinnen und Bürger sowie alle politische Parteien und Aktivisten von der Nachhaltigkeit eines solchen Projekts zu überzeugen. Aber auch hier prognostizieren Experten, dass Deutschland das Potenzial von höchstens 3-5 weiteren City Outlets nach dem Beispiel von Bad Münstereifel hat.
Outlets werden in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle in der Handelslandschaft spielen. Restriktive Genehmigungen, Widerstände sowie Zweifel an der der Notwendigkeit werden die Entwicklungen wohl nicht aufhalten, sondern nur verzögern. Keine Handelsimmobilie erfährt derzeit so viel Aufmerksamkeit wie die Outlets, obwohl deren Marktanteil, gemessen am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels, nur bei ca. 0,2 Prozent liegt. Nachhaltig werden sich aber nur die Outlets entwickeln können, die ein attraktives Umfeld bieten, die Standortanforderungen erfüllen und deren Entwickler und Betreiber das entsprechende Vertrauen, die Referenzen und Kompetenzen mitbringen.
Michael Haslinger
Michael Haslinger Consulting für Handelsimmobilien
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